[ sequel from: https://wolfgangoe.de/?p=662 ]
.. wieviele Vecchia Romagna es an diesem Vormittag geworden sind, weiß ich nicht mehr – irgendwann gaben sie mir in diesem italienischen Caffe keinen mehr und forderten mich auf zu gehen: „Andiamo Signore .. “ was sogar ich verstand.
Die ganze Trinkerei hatte mir zu keinem besonders guten Einfall betreffend der Begegnung mit meiner chinesischen Ex-Freundin im Nagelstudio Amaryllis verholfen.
Ich schwankte, als ich den Gehsteig entlangging. Musste mich manchmal an den Wänden der Häuser abstützen – welcher Tiefpunkt !!
Die Sommer-Sonne des Mittelmeers stand direkt über mir und schoss mit ihrem lautlosen Hitze-Trommelfeuer direkt auf meinen Kopf. Irgendeinen Schatten zu finden war mein einziger Gedanke.
In einer Brache zwischen Häusern standen ein paar Bäumchen .. mit Ästen und Zweigen und Blättern .. struppiges gelbes Gras darunter .. mir kam es vor wie Rettung. Ich legte mich hin.
Als ich die Augen wieder aufschlug, hatte jemand einen sehr großen dunkelblauen Regenschirm über mir aufgespannt .. der voller winziger Löcher war, durch die die Hitze immer noch funkelnd und angriffslustig ihre Pfeile abschiessend an mich heranzukommen versuchte ..
Doch natürlich war es inzwischen einfach Nacht geworden. Ich hatte bis in den späten Abend hinein auf diesem Stück dünnem Gras geschlafen. Auch im Nagelstudio Amaryllis war inzwischen ein weiterer Arbeitstag mit vielen gestylten Nägeln vergangen, die inzwischen in Clubs und Bars die Hände von jungen Frauen veredelten, die es genossen. Zigaretten und Drinks damit hochzuhalten und Komplimente dafür einzufangen, denen man mit näherem Vorzeigen und Lachen begegnen konnte.
Ich ging trotzdem nochmal hin. Das Schaufenster war dunkel. Im Raum dahinter 2 Reihen Behandlungstische, Plakate mit riesigen bemalten Nägeln an den Wänden.
Es war mir unbegreiflich, wie meine chinesische Ex-Freundin in diesem Raum täglich 8 Stunden mit dem Bemalen von Fingernägeln sardinischerMädchen und Frauen verbringen konnte.
Hätte sie danach noch die Energie, wo sie auch wohnte, mit ihren eigenen Bildern und Kunstwerken weiterzumachen ?
Eigentlich eine gute Frage dachte ich. Eine die ich ihr stellen könnte abseits aller Sentimentalitäten.
Aber sie war nicht mehr da an diesem Tag, in dieser Nacht.
Was ich im Moment brauchte, war eine Übernachtungsgelegenheit. Ein billiges Hotelzimmer, eine Pension.
Ohne die mindeste Ahnung wohin mich zu wenden ging ich los. Ohne zu denken – instinktiv in immer verlassenere leerere Gegenden und Straßen. In Richtung irgendeines Verschwindens. .. marschierte immer weiter und weiter ohne Ziel und Ende .. und wusste bei jedem Schritt und jedem Herzschlag: er war schon einer über das Ziel hinaus .. Bald war jede Anwesenheit menschlicher Anwesenheit um mich herum verschwunden. Parkende Autos entlang der Straße. In wenigen Fenstern darüber noch Licht in den Wohnungen.
Ausser mir bewegte sich nichts mehr …
Keine Restaurants mehr. Keine Bars. Nicht einmal Passanten.
Irgendwann -sehr bald- stellte ich mir vor, würde ich auch alle Häuserbegleitung rechts und links von mir verlassen und hinaustreten in ein sardinisches Ödland voller Schrott, Gestrüpp, Gestein und lautem Grillengezirp – und mir bliebe nichts als immer so weiterzugehn bis an die Grenze .. bis an die Klippen oder den Strand .. der diesem kleinen Stück Land die Existenz abschnitte …
Welche sinnlose Reise hatte ich durch die Welt und mein Leben getan ?..
..
doch währenddessen fingen meine allzu aufmerksamen Ohren doch noch Stimmen ein .. ein Geschrei .. ein Geschimpfe .. ein Gebrüll vielleicht eher .. schräg vor mir auf der andern Straßenseite ..
gleich beim ersten Blick hatte ich ein Bild vor Augen .. ein Streit unter Liebesleuten .. der Mann schrie auf eine Frau ein, die sich schutzsuchend in die Ecke eines Haustür-Eingangs drückte ..
.. ..seltsamerweise hatte ich sofort den Eindruck, diese ihre Szene habe sich schon unzählige Male an verschiedenen Orten genauso zwischen ihnen abgespielt ..
die Frau hilflos .. der Mann auf sie einbrüllend .. kurz vor dem Zuschlagen ..
und keiner der beiden konnte diesen Wiederholungen entkommen .. als sei in ihren Körpern eben immer nur diese Handlung vorhanden .. und sie mussten diese Szene wieder und wieder ablaufen lassen .. hilflos eigentlich .. bedauernswert beide .. der Stärkere genauso wie die Schwächere ..
.. und als hätte der Mann dann aber meine Nähe, mein Beobachten gespürt, schaute er plötzlich über die Schulter auf meine Straßenseite herüber … ..
ich ging immer noch weiter .. Schritt für Schritt .. er starrte mich an, ich zurück .. wir
Ich dachte einen Moment lang, er suche vielleicht einen Gegner der sich nicht so leicht unterwarf wie die Frau ihm gegenüber .. in einem Sieg über jemand, der sich nicht wehrte, lag kein Gewinn, keine Ehre, keine Erlösung .. – und also musste jemand von aussen eingreifen .. musste ihn fordern als ernstzunehmender Widersacher .. einer der sich aufgerufen fühlte, der Frau beizustehen .. als ihr Retter aufzutreten in dieser Komödie eines unglücklichen Dramas ..
.. und ich begriff, dass mir hier wirklich das Angebot gemacht wurde, genau diese Rolle zu spielen. Wir waren allein auf der Straße -spätnachts ..das hier war kein Theater .. kein Regisseur .. kein Make-up-Artist .. wir beide mit unsern Ideeen .. mit unsern Bildern .. mit allem was den Kampf nötig machte ..
ich hatte meine Schritte verlangsamt .. er wandte mir langsam den Oberkörper zu .. wollte sehen ob ich der war, den er suchte .. wollte zeigen, dass er bereit wahr, sich einem ernstzunehmenden Gegner, einem ungewissen Kampfausgang zu stellen…
Was er nicht wissen konnte, war, dass ich eine ähnliche Szene vor Jahren schon mal erlebt hatte.
Auch damals hatte ich eine Wahl treffen müssen. Ich war weitergegangen. Hatte die Flucht ergriffen. Feige. Besiegt schon vor dem Kampf von der Angst. Weil ich wußte, dass ich niemals zu ähnlich grausamer Gewalt wie der damalige Gegner fähig sein würde. Nicht annähernd so stark war wie er. Angst vor Blut und Schmerzen. Auch damals war eine Frau in die Sache verwickelt gewesen.
Jahrelang war mir dieses Erlebnis im Wachen und Träumen wieder und wieder erschienen. Hatte mir bei jeder Erinnerung von neuem Knochen gebrochen. Elektroschocks versetzt.
Und es gab kein Entrinnen von diesen Schmerzen. Niemand zog das Kabel aus der Steckdose, durch die sie in mich flossen. Die mir innerlich Fleisch und Hirn zerrissen.
Also konnte ich dieses Mal in dieser Nacht in Olbia nicht weitergehen. Blieb stehen. Wandte mich in stiller Nacht diesem wutgefüllten Menschen zu.
Das Duell war eröffnet.
Ich überquerte die Straße wie man zu einer Hinrichtung geht. Blumig gesprochen.
Wie schon gesagt, – oder jedenfalls angedeutet -, war mein Antrieb dazu nicht so sehr, die Frau zu retten – denn dazu war ich einfach nicht stark genug – als vielmehr, mir selber zu beweisen, dass ich kein Feigling sei und mir die späteren jahrelängen Gewissensqualen zu ersparen – Und also wieder vor einer andern Angst.
Meine Rechnung war wahrscheinlich: Ich lasse mich einmal zusammenschlagen und bin die Schläge – und viel wichtiger: Feigheits-Vorwürfe – dann los, wenn die Wunden nach ein paar Tagen verheilt sind.
Es ist ja überflüssig, Einzelheiten davon zu beschreiben, was dann geschah. Ich wurde heftig zusammengeschlagen. – Kein Hollywood-Drehbuchschreiber schrieb mir einen magischen Schlag in die Szene, durch den ich meinen vielfach überlegenen Kontrahenten im letzten Moment noch besiegte. Nein. Nichts davon. –
Schon kurz nach Beginn des Kampfes fand ich die Tür in die Ohnmacht (oder sie mich) und froh darüber verschwand ich aus der Welt und jenen Fäusten die mir aus ihr entgegenkamen.
— Fortsetzung folgt.–
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english
The chinese ex-girlfriend. Olbia, Sardinien. 1 DAY. == Part 2 == [sequel from https://wolfgangoe.de/?p=662 ]
.. how many Vecchia Romagna i drank this morning, I do not remember – eventually they gave me in this Italian Caffe no more and asked me to leave: „Andiamo Signore ..“ even I understood that.
The whole drinking had not helped me to get a good idea concerning the meeting with my chinese ex-girlfriend in the nail salon Amaryllis.
I wavered when I went outside – sometimes had to bear me on the walls of the houses. Which nadir !!
The summer sun of the Mediterranean was standing right over me and shot with her soundless heat-barrage directly on my head. My only thought was, to rest in some shade.
In a wasteland between houses stood a few trees .. with branches and twigs and leaves .. scruffy yellow grass underneath .. it seemed to me as relief. I lay myself in it..
When I opened my eyes again, someone had spanned a very large dark blue umbrella over me .. which was full of micro tiny holes, through which the heat was still sparkling and aggressive trying to zoom their arrows onto me ..
But of course, it had become only night. I had slept in the grass until late in the evening. In the nail salon Amaryllis another working day with many styled nails had passed now that were now be played out in clubs and bars. Cigarettes and drinks to uphold it and capture compliments for which you could encounter with closer exhibiting and laughter.
I went anyway out again. The shop window was dark. In the space behind 2 rows treatment tables, posters with huge painted nails on the walls.
It was incomprehensible to me how my chinese ex-girlfriend could spend 8 hours daily with the painting of fingernails. .. well .. if there weren’t any house-calls ..
Had she then the power in the evening continuing with her own works of art?
Actually a good question, I thought. One I could ask her .. away from all sentimentality.
But she was no longer there at that day, that night.
What I needed at the moment was an opportunity to stay forthe night. A cheap hotel room, a guest house.
Without the slightest idea where, I went along. – Without thinking – instinctively always leaving senere emptier areas and roads. In direction of any disappearance. .. .. Marched on and on without aim and end and knew every step and every heartbeat: it was one over the top. – Soon any sign of breathing human presence had disappeared around me. Parked cars along the road. In very few windows still light in the apartments.
Apart from me, nothing more moving. – No more restaurants. No bars. Not even passersby.
..
but then something caught my overly attentive ears still cast a .. a cry .. a rant .. a roar maybe more .. diagonally in front of me on the other side of the street ..
at the first glance, I had an image in mind .. a dispute among people in love .. the man shouted at a woman for protection pressing herself in the corner of a Front Door Entrance ..
.. ..oddly enough I immediately had the impression that these 2 have their scene just taken place countless times in different places between them ..
the woman helpless .. the man scolding loudly to her .. just before slamming ..
and neither of them was able to escape these repetitions .. as if in their bodies was just only this act was .. and they had this scene again and drain again .. helpless .. really regrettable both .. the stronger as well as the weaker. ,
.. And when the man would have then felt my presence, my observation, – he suddenly looked over his shoulder at my street side … ..
I went still further .. Step by step .. He stared at me, .. me back
I thought for a moment, he was looking for maybe an enemy who does not so easily subdued as the woman opposite him .. in a win over someone who did not resist, there is no gain, no honor, no salvation .. – and therefore had someone to intervene from the outside .. had to call him as a serious adversary .. one who felt called to assist the woman .. as their savior to appear in this comedy drama of an unhappiness ..
.. And I realized that really here this offer was made, just to play only this role- straightaway. We were alone on the street – late at nigth .. this was not any theatre .. no director around .. no make-up artist .. the booth of us with our ideas .. our pictures in the head .. the pictures that went into our muscles .. our fists .. no stunts allowed ..
I had my steps slowed .. he turned fully frontal to me – wanted to see if I was the one he was looking for .. to show that he was willing to provide an uncertain struggle output . be true to a serious opponent ..
What he could not know was that I had a similar scene experienced years before .. but even if he had .. it wouldn’t had changed a thing ..
Even then I had to make a choice. I walked on by. Had fled. Coward. Defeat before the battle of the big fear. Because I knew that I would never be capable of the cruel violence like my former opponent . Was not nearly as strong as he was. Afraid of blood and pain. Then, -too-, a woman had been involved in the matter.
For years this experience had me appeared again and again in the waking and the dreaming. Had broken at every remembrance my bones again and anew. Electroshock added.
And there was no escape from this pain. Nobody pulled the cord from the outlet, through which it flowed into me. Torned meat and brain.
So I could not let it go that night in Olbia. Remained standing. Turned at this quiet summer night to this filled with anger man.
The duel was on.
I crossed that road as i went to my execution. Flowery spoken.
As already said, – or suggested anyway -, my intention was to not so much to save the woman – cause i knew i wasn’t strong enough to do so – but rather, to prove myself that I was not a coward and could spare me the later years of lengths remorse. – And so again i did it fearing another fear.
My bill was likely: I let myself beat and take all the pain with my body – and more importantly – coward allegations – but then be released from them when the wounds have healed after a few days.
It’s unnecessary to describe in detail of what happened next. I was heavily beaten up. – No Hollywood screenwriter wrote me a magical impact in the scene, by which I defeated my opponents near the own defeat at the last moment. No. Nothing of it. –
Shortly after the beginning of the fight I found the door in the into the unconsciousness (or she me) and gladly I disappeared from the world and those fists that came from her towards me.
—-Sequel follows—.